Industriegeschichte

Eisenerz macht Amberg im Mittelalter reich.

Am Erzberg wird der begehrte Rohstoff direkt in der Stadt abgebaut und mit Wasserkraft in Hammerwerken im Umland weiterverarbeitet. Kleine Boote bringen das verarbeitete Eisen flussabwärts nach Regensburg, das dort gegen Salz und Getreide getauscht wird. Das Eisenerz prägt die gesamte Oberpfalz. Heute spricht man deshalb auch vom „Ruhrgebiet des Mittelalters“ – und Amberg ist als wichtiger Knotenpunkt mittendrin. Die ansässigen Händler fahren bis Ulm, Passau und sogar nach Ungarn.

Die innovative Verarbeitung in Hammerwerken sichert Amberg deutliche Wettbewerbsvorteile – genau wie Kartellabsprachen mit Nürnberg und Sulzbach. „Amberg brummt“, die Wirtschaft floriert. Doch zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges ändert sich die Lage dramatisch: Andere Regionen haben im Erzgeschäft die Nase vorne, die Verarbeitung in Hammerwerken ist nicht mehr zeitgemäß. Der Krieg verwüstet das Umland und schließlich gehen Amberg und die gesamte Oberpfalz an Bayern. Die Stadt wird ab 1620 rigide rekatholisiert. Viele reiche Kaufleute sind Protestanten und ziehen nach Nürnberg oder Regensburg. Ambergs Wirtschaft stehen schlechte Zeiten bevor. Die Oberpfalz gilt zu dieser Zeit als das „Armenhaus Bayerns“.

 

Um 1800 kündigt sich die industrielle Revolution an

Und mit dieser gehen neue Chancen für Amberg einher. Manufakturen verarbeiten den Hirschauer Kaolinsand, das „weiße Gold der Oberpfalz“, zu Keramik aller Art. Anfang des 19. Jahrhunderts kommt die Königlich Bayerische Gewehrfabrik nach Amberg. Die neuen Arbeitsplätze sorgen für Zuzug in die Stadt, aber noch fehlt etwas Entscheidendes. Obwohl schon seit 1835 die erste deutsche Eisenbahn die nahen Städte Nürnberg und Fürth verbindet, wird Amberg erst 1859 an die Eisenbahn angeschlossen – immerhin das wichtigste Transportmittel der Zeit.

Eisen und Stahl sind gefragter denn je und so wird 1883 ein Hochofenwerk errichtet, die spätere Luitpoldhütte. Wenige Jahre zuvor gründet eine Handwerkerfamilie aus Oberfranken die Emailfabrik Baumann. Blechgeschirre und -gegenstände werden mit einer Schicht aus Glasfluss überzogen – ein revolutionäres Verfahren. Was als kleiner Betrieb mit 50 Beschäftigten beginnt, entwickelt sich in wenigen Jahren zu einer Weltfirma mit mehreren Tausend Mitarbeitern, viele davon Frauen. Zwei Drittel der Waren werden ins Ausland verkauft und gehen bis nach Südamerika, Afrika und Indien. Hohe Magazingebäude und Schornsteine überragen Amberg. Die Stadt wächst rasant an.

 

Der Erfolg endet jäh mit dem Ersten Weltkrieg.

Nach Kriegsende bleiben die Probleme bestehen: Hohe Zölle, Arbeitslosigkeit, Streiks und Betriebsschließungen prägen die 1920er Jahre. Es kommt trotzdem zu Neuansiedlungen, beispielsweise in der Glasindustrie. Um die Kriegsproduktion im Zweiten Weltkrieg aufrechtzuerhalten werden Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter zur Arbeit gezwungen.

Die Industrie bleibt auch in der Nachkriegszeit wichtig. 1948 kommt Siemens aus der späteren DDR in die Stadt und errichtet ein Elektronikwerk. Viele Glasarbeiter aus Nordböhmen werden in den lokalen Glasbetrieben beschäftigt. Ende der 1960er Jahre wird ein neues Glaswerk gebaut. Die Firma Rosenthal beauftragt den weltbekannten Architekten und Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Das Werk ist vollständig an den Bedürfnissen der Glasproduktion und der Beschäftigten ausgerichtet, verbindet viel Licht mit einem ausgeklügelten Belüftungssystem und einem neuartigen Erscheinungsbild. Für die ungewöhnliche Giebelhalle findet sich schnell ein eingängiger Spitzname: Glaskathedrale.

Der Strukturwandel verschont Amberg nicht. 1968 werden die Hochöfen der Luitpoldhütte stillgelegt, Baumann meldet 1986 Insolvenz an. Viele weitere Betriebe schließen. Die Luitpoldhütte verkleinert die Belegschaft und wechselt mehrmals den Besitzer. Doch nicht alle Firmen sind bedroht: Die Polsterfabrik Grammer ist international erfolgreich und fertigt ab 1990 die Sitze für die deutschen ICE-Züge. Neben Siemens sind weitere große Betriebe der Automatisierungs- und Elektrotechnik in der Stadt angesiedelt und bauen ihre Standorte aus. Seit den 1990ern ist außerdem eine Hochschule in Amberg beheimatet: Die Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Trotz aller Umbrüche ist aus dem mittelalterlichen Umschlagplatz für Eisenerz ein lebendiger Wirtschaftsstandort mit einem reichen industriellen Erbe geworden.

 

Text: Michael Herzog, Stadtmuseum Amberg

Privacy Settings
We use cookies to enhance your experience while using our website. If you are using our Services via a browser you can restrict, block or remove cookies through your web browser settings. We also use content and scripts from third parties that may use tracking technologies. You can selectively provide your consent below to allow such third party embeds. For complete information about the cookies we use, data we collect and how we process them, please check our Privacy Policy
Youtube
Consent to display content from - Youtube
Vimeo
Consent to display content from - Vimeo
Google Maps
Consent to display content from - Google